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| Der Trainings-Split Mythos |
Die ewige Debatte: "Bro-Split" oder Wissenschaft?
Du stehst in der Umkleidekabine und hörst den klassischen Dialog: „Was trainierst du heute?“ – „Heute ist Brust-Tag!“ Für Jahrzehnte war dies das ungeschriebene Gesetz im Fitnessstudio. Der sogenannte „Bro-Split“ oder 5er Split, bei dem jedem Muskel ein eigener Wochentag gewidmet wird (Montag: Brust, Dienstag: Rücken...), galt als der heilige Gral für Muskelaufbau Training. Doch in den letzten Jahren hat sich der Wind gedreht.
Immer mehr Experten und aktuelle Studien – bis hin zu Meta-Analysen aus dem Jahr 2024 – deuten darauf hin, dass wir vielleicht jahrelang Potenzial verschenkt haben. Ist das gute alte Ganzkörpertraining, das oft als Anfänger-Methode belächelt wurde, in Wahrheit der Schlüssel zu maximaler Hypertrophie?
Vielleicht fragst du dich: „Muss ich wirklich jeden Tag ins Gym rennen, um Fortschritte zu machen?“ oder „Ist es nicht zu viel, die Beine dreimal pro Woche zu trainieren?“. In diesem Artikel zerlegen wir den Trainingssplit Mythos Muskelaufbau. Wir schauen uns an, was die Wissenschaft wirklich sagt, warum Ganzkörper vs. 5er Split effektiv sein kann und welcher Weg für deinen Alltag und deinen Körper der richtige ist.
Lass uns tief eintauchen – ohne Dogmen, aber mit vielen Fakten.
Die Kontrahenten: Definition und Struktur
Bevor wir bewerten, müssen wir verstehen, wer hier eigentlich gegeneinander antritt.
Der Herausforderer: Ganzkörpertraining (Full Body)
Beim Ganzkörpertraining forderst du in einer einzigen Einheit alle großen Muskelgruppen. Du trainierst also Beine, Rücken, Brust, Schultern und Arme am selben Tag.
Frequenz: Meist 2 bis 4 Mal pro Woche.
Fokus: Verbundübungen (Grundübungen) wie Kniebeugen, Kreuzheben, Bankdrücken.
Philosophie: Den Muskel häufiger reizen, aber mit weniger Volumen pro Einheit.
Der Platzhirsch: 5er Split (Bodypart Split)
Hier wird der Körper in fünf Zonen unterteilt. Ein typischer 5er Split Trainingsplan Muskelaufbau sieht so aus: Montag Brust, Dienstag Rücken, Mittwoch Beine, Donnerstag Schultern, Freitag Arme.
Frequenz: Jede Muskelgruppe wird nur 1 Mal pro Woche trainiert.
Fokus: Maximale Ermüdung einer Muskelgruppe mit vielen Übungen und Isolationsarbeit.
Philosophie: Dem Muskel eine volle Woche Zeit zur Erholung geben, nachdem er „zerstört“ wurde.
Das sagt die Wissenschaft (Update 2024/2025)
Lange Zeit herrschte Krieg zwischen den Lagern. Doch eine umfassende Meta-Analyse von Ramos-Campo et al., veröffentlicht im renommierten Journal of Strength and Conditioning Research, bringt Licht ins Dunkel. Die Forscher verglichen 14 Studien und kamen zu einem Ergebnis, das viele überraschen dürfte:
Wenn das wöchentliche Volumen (Sätze x Wiederholungen x Gewicht) identisch ist, gibt es keinen signifikanten Unterschied im Muskelwachstum zwischen Split- und Ganzkörpertraining.
Das bedeutet: Ob du 15 Sätze Brust an einem Montag machst oder 5 Sätze am Montag, 5 am Mittwoch und 5 am Freitag – am Ende der Woche ist das Ergebnis auf dem Papier ähnlich.
Warum Ganzkörpertraining trotzdem oft gewinnt
Wenn die Studien sagen „es ist egal“, warum empfehlen dann führende Hypertrophie-Forscher wie Dr. Brad Schoenfeld oft höhere Frequenzen?
Der Teufel steckt im Detail der Praxis:
Qualität der Sätze (Quality Volume): Machst du beim 5er Split am Brust-Tag wirklich 15 hochwertige Sätze? Oder sind die Sätze 10 bis 15 nur noch „Junk Volume“, weil dein Muskel schon völlig ermüdet ist? Beim Ganzkörpertraining verteilst du diese Sätze. Du bist bei jedem Satz frischer und kannst mehr Gewicht bewegen.
Das anabole Fenster: Die Muskelproteinsynthese (MPS) ist bei Natural-Athleten nur ca. 24–48 Stunden erhöht. Beim 5er Split wächst die Brust bis Mittwoch – und pausiert dann 4 Tage. Beim Ganzkörpertraining startest du den Wachstumsprozess dreimal neu.
Fehlertoleranz: Verpasst du beim 5er Split den „Bein-Tag“, trainierst du Beine zwei Wochen lang nicht. Beim Ganzkörpertraining verpasst du nur einen von drei Reizen. Das System verzeiht Alltagsstress besser.
Praxis-Guide: Welcher Split für wen?
Die Frage „Ganzkörpertraining oder Split für Anfänger?“ lässt sich klar beantworten, aber für Fortgeschrittene wird es nuancierter.
Gruppe A: Anfänger (0–1 Jahr Training)
Empfehlung: Ganzkörpertraining 2 bis 3 Mal pro Woche
Deine Muskeln brauchen noch keine 15 Sätze pro Woche, um zu wachsen. 3 bis 6 Sätze reichen völlig. Aber dein Nervensystem muss die Bewegungen lernen. Kniebeugen lernt man durch häufiges Tun. Ein 5er Split wäre hier reine Zeitverschwendung und erhöht das Verletzungsrisiko durch Überlastung in einer Einheit.
Gruppe B: Intermediates (1–3 Jahre Training)
Empfehlung: Ganzkörper oder 2er Split (Oberkörper/Unterkörper)
Du wirst stärker. Dreimal die Woche schweres Kreuzheben und Kniebeugen in einer Einheit wird zu anstrengend für dein ZNS (Zentralnervensystem). Ein Split hilft dir, das Volumen zu erhöhen und die Ermüdung zu managen.
Gruppe C: Fortgeschrittene & Profis (3+ Jahre Training)
Empfehlung: 2er, 3er Split (Push/Pull/Beine) oder Hybrid
Du brauchst massives Volumen, um noch zu wachsen. Um 20 Sätze Rücken pro Woche unterzubringen, musst du sie aufteilen. Aber selbst hier ist ein 5er Split („Bro Split“) oft suboptimal, da die Frequenz von 1 Mal pro Woche zu gering ist. Profis nutzen oft einen rotierenden 3er Split, bei dem jeder Muskel alle 5 Tage trainiert wird.
Die besten Trainingspläne: Von Ganzkörper bis 3er Split
Hier sind drei konkrete, alltagstaugliche Pläne, die auf den Prinzipien der Ganzkörpertraining Trainingseffizienz basieren.
Option 1: Der intelligente Ganzkörperplan
Ideal für Berufstätige und Einsteiger. Fokus: Hohe Frequenz, hohe Qualität.
Wochenplan: Mo Training, Di Frei, Mi Training, Do Frei, Fr Training, Sa/So Frei
Die Einheit:
Beine (Kniebeugen-Variante): 3 Sätze mit 6–8 Wiederholungen
Druck Oberkörper (Bankdrücken/Liegestütz): 3 Sätze mit 8–10 Wiederholungen
Zug Oberkörper (Rudern am Kabel/Hantel): 3 Sätze mit 10–12 Wiederholungen
Hüft-Dominant (Kreuzheben/Hyperextensions): 2 Sätze mit 10–12 Wiederholungen
Schultern (Überkopfdrücken): 2 Sätze mit 10–12 Wiederholungen
Core (Plank): 2 Sätze bis zum technischen Versagen
Wakaa-Tipp: Nutze Supersätze (z.B. Druck und Zug im Wechsel), um die Zeit auf 60 Minuten zu drücken.
Option 2: Der 2er Split (Oberkörper / Unterkörper)
Der Gold-Standard für Fortgeschrittene. Frequenz: Jeder Muskel 2 Mal pro Woche.
Wochenplan: Mo Oberkörper, Di Unterkörper, Mi Frei, Do Oberkörper, Fr Unterkörper, Sa/So Frei
Tag A: Oberkörper
Bankdrücken (Langhantel): 3 Sätze à 6–8 Wdh.
Langhantel-Rudern (vorgebeugt): 3 Sätze à 8–10 Wdh.
Schrägbankdrücken (Kurzhantel): 3 Sätze à 10–12 Wdh.
Latzug zur Brust: 3 Sätze à 10–12 Wdh.
Seitheben (Schultern): 3 Sätze à 15 Wdh.
Bizeps/Trizeps Supersatz: 2 Sätze à 12–15 Wdh.
Tag B: Unterkörper
Kniebeugen: 3 Sätze à 6–8 Wdh.
Rumänisches Kreuzheben: 3 Sätze à 8–10 Wdh.
Beinpresse: 3 Sätze à 10–12 Wdh.
Beinbeuger (Maschine): 3 Sätze à 12–15 Wdh.
Wadenheben: 4 Sätze à 15–20 Wdh.
Bauch (Beinheben hängend): 3 Sätze bis Max
Option 3: Der 3er Split (Push / Pull / Beine)
Für Ambitionierte, die 5-6 Mal pro Woche ins Gym wollen oder einen rotierenden Zyklus fahren.
Struktur: Push (Druckmuskeln), Pull (Zugmuskeln), Beine.
Frequenz: Entweder 3 Mal pro Woche oder 6 Mal pro Woche. Wir empfehlen für Naturals oft: Push - Pull - Beine - Pause - Push - Pull - Beine - Pause.
Tag 1: Push (Brust, Schulter, Trizeps)
Bankdrücken, Overhead Press, Dips, Seitheben, Trizepsdrücken.
Tag 2: Pull (Rücken, hintere Schulter, Bizeps)
Klimmzüge, Rudern, Face Pulls, Bizeps Curls.
Tag 3: Beine (Quads, Hamstrings, Waden)
Squats, Ausfallschritte, Leg Curls, Wadenheben.
Nutrition & Recovery: Iss passend zum Split
Deine Ernährung sollte deinen Trainingsplan unterstützen. Ein Ganzkörpertraining fordert den Stoffwechsel systemisch anders als ein reiner Arm-Tag.
Kohlenhydrate-Timing (Carb Cycling)
Beim Ganzkörpertraining: Du bewegst viel Masse. Dein Glykogenverbrauch ist hoch.
Strategie: Iss an Trainingstagen deutlich mehr Kohlenhydrate, besonders in der Mahlzeit nach dem Training. Hier darf es ruhig Reis, Kartoffeln oder Pasta geben.
Beim Split-Training: Ein reiner Arm- oder Schultertag verbrennt weniger Kalorien.
Strategie: An Tagen mit kleinen Muskelgruppen kannst du die Kohlenhydrate leicht reduzieren und dafür den Protein- oder Fettanteil moderat erhöhen, um Fettansatz zu vermeiden.
Protein-Frequenz
Egal welcher Split: Die Proteinsynthese muss laufen.
Mythos: „Ich muss sofort nach dem Training einen Shake trinken.“
Fakt: Wichtiger ist die Gesamtmenge von ca. 1,6g bis 2,0g pro kg Körpergewicht und die Verteilung auf 3 bis 5 Mahlzeiten am Tag. Das hält den Aminosäure-Spiegel im Blut konstant.
ZNS-Management (Das Nervensystem)
Ganzkörpertraining ist mental und neuronal anstrengend. Wenn du dich nach 4 Wochen „ausgebrannt“ fühlst, ist nicht der Muskel das Problem, sondern dein Nervensystem.
Lösung: Plane alle 6 bis 8 Wochen eine „Deload-Woche“ ein. Reduziere das Gewicht um 20% oder lass jeweils einen Satz weg. Beim 5er Split ist das oft seltener nötig, da die systemische Last geringer ist.
Häufige Fragen (FAQ) zum Trainings-Split
„Brenne ich beim Ganzkörpertraining nicht aus?“
Das ist eine berechtigte Sorge. Das Geheimnis liegt im „Load Management“. Du kannst nicht in jedem Training bei jeder Übung einen neuen Rekord aufstellen. Variiere: Montag schwer (5 Wdh.), Mittwoch moderat (10-12 Wdh.), Freitag leicht/technisch. So vermeidest du Übertraining.
„Ich spüre meinen Muskel beim Ganzkörpertraining nicht so gut wie beim Split. Ist das schlimm?“
Nein. Der „Pump“ ist kein direkter Indikator für Wachstum, sondern für metabolischen Stress. Beim Ganzkörpertraining setzt du eher auf mechanische Spannung (schweres Gewicht). Beides führt zum Ziel. Wenn du den Pump vermisst, füge am Ende des Ganzkörperplans eine „Pump-Übung“ für deine Lieblingsmuskelgruppe an, zum Beispiel Bizeps Curls.
„Kann ich mit einem 5er Split überhaupt Muskeln aufbauen?“
Natürlich! 5er Split Muskelaufbau Vorteile gibt es durchaus. Es funktioniert, es ist nur für die meisten Menschen weniger effizient als ein Ansatz mit höherer Frequenz. Konsistenz schlägt Perfektion. Wenn dir der 5er Split so viel Spaß macht, dass du nie ein Training verpasst, ist er besser als ein Ganzkörperplan, den du hasst und oft schwänzt.
„Was ist, wenn ich nur 2x pro Woche Zeit habe?“
Dann ist Ganzkörpertraining alternativlos. Ein 2er Split würde bedeuten, dass du jeden Muskel nur 1x pro Woche trainierst – das ist das absolute Minimum für Erhalt, aber kaum genug für optimalen Aufbau. Mit 2x Ganzkörper pro Woche kannst du hingegen sehr gute Fortschritte erzielen.
Fazit: Qualität vor Dogma
Die Frage Ganzkörpertraining vs Split Training Unterschiede lässt sich nicht mit einem einfachen „Besser“ oder „Schlechter“ beantworten, ohne den Kontext zu kennen. Aber die aktuelle Datenlage ist deutlich:
Für die breite Masse der Sportler, die effektiv und zeiteffizient Muskeln aufbauen will, ist eine höhere Trainingsfrequenz (Ganzkörper oder 2er Split) dem klassischen 5er Split überlegen. Das zweimalige Stimulieren eines Muskels pro Woche scheint der „Sweet Spot“ für Hypertrophie zu sein, da es das anabole Fenster optimal nutzt und eine höhere Qualität der einzelnen Sätze ermöglicht.
Der 5er Split hat seinen Platz – im Bodybuilding der Elite oder für Menschen, die das Fitnessstudio als täglichen Zufluchtsort brauchen. Für alle anderen gilt: Trainiere Bewegungen, nicht nur Muskeln.
Unser Handlungsimpuls für dich:
Bist du im 5er Split festgefahren und stagnierst? Trau dich! Wechsel für 8 Wochen auf den oben genannten 2er Split oder Ganzkörperplan. Dokumentiere deine Kraftwerte. Die Chancen stehen gut, dass du überrascht sein wirst, wie gut dein Körper auf die häufigeren Reize reagiert.
Welche Erfahrung hast du gemacht? Bist du Team „Jeden Tag ein Muskel“ oder Team „Alles auf einmal“?
Schreib uns deine Meinung und deine Erfolge in die Kommentare! 👇
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Wakaa-Meinung
Wir bei Wakaa lieben Effizienz. Warum fünfmal ins Studio rennen, wenn man mit dreimal oft dieselben oder bessere Ergebnisse erzielt? Besonders für Menschen mit einem vollen Terminkalender ist das Ganzkörpertraining ein echter Lebensretter. Es nimmt den Druck raus, „heute unbedingt Brust machen zu müssen“. Gleichzeitig verstehen wir den Reiz des Splits – das Gefühl, einen Muskel komplett „plattzumachen“, hat etwas Meditatives. Unser Tipp: Starte mit Ganzkörper. Wenn du stagnierst oder mehr Zeit hast, splitte dein Training auf einen 2er Split auf. Aber höre auf deinen Körper, nicht auf den Bro-Science-Talk aus den 90ern.
Hinweis zu Trainingsplänen: Die hier vorgestellten Übungen und Tipps sind allgemein gehalten. Sie ersetzen keine ärztliche Beratung oder die Einweisung durch einen qualifizierten Trainer. Bei bestehenden Gelenkproblemen oder Schmerzen: „Nicht für jeden geeignet“ – konsultiere im Zweifel bitte einen Facharzt oder Physiotherapeuten.